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              Erschienen in: esotera 9/1994
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            Kraftplätze der Zwerge
            Pendel, „geistige Kontakte" und Sagen
              des Wallis führten Pfarrer Emil Schmid zu 10 000 Jahre alten
              Kultplätzen und Wohnhöhlen mit Idolen, Steinfiguren und
              Werkzeugen der Megalithkultur: Überreste eines alten Zwergenvolkes,
              von kleinwüchsigen Menschen, die damals in dem Schweizer Kanton
              gelebt haben sollen
            Von Ulrich Arndt 
                 
             
            
              
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                Links:
                  Ergebnis einer über 20jährigen Archäologie „unter
                  höherer Führung" - Emil Schmid vor den übervollen
                  Regalen seiner Sammlung von Werkzeugen, Idolen und Kultfiguren
                  aus Alt- und Mittelsteinzeit. 
            Bild oben: Hinter Buschwerk verborgen liegt die Wohnhöhle von
            Turtmann links neben dem Wasserfall; zahlreiche Fruchtbarkeitsidole
            konnte Schmid hier finden. Rechts: eine aus Quarzgestein gefertigte
            besonders schöne Steinzeitwaffe | 
                  
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             Gespaltene Kiesel und Steine mit deutlichen Einschlagstellen
              fielen Pfarrer Emil Schmid ins Auge, als er den Felsüberhang
              neben dem Wasserfall erklomm. Nicht wenige einzelne waren es, sondern
              so viele, daß dies keine Laune der Natur sein konnte. Vermutlich über
              eine sehr lange Zeit hinweg, eventuell mehr als 2000 Jahre lang,
              war die offene Höhle bei der Stadt Turtmann im schweizerischen
              Kanton Wallis eine Wohnstätte der Steinzeitmenschen gewesen.
              Als Schmid die behauenen Steine in der Höhle prüfte, „kamen
              mir diese frühen Menschen geistig nahe", so umschreibt
              der heute fast 80jährige Altpfarrer seinen ersten geistigen
              Kontakt mit den Steinzeitmenschen vor etwa 20 Jahren. „Ich
              versprach, ihnen ein Denkmal zu setzen, wenn sie mich hilfreich
              bei der Forschung begleiten", berichtet er weiter. 
        Schon bei dieser ersten vorzeitlichen Entdeckung sah der Hobbyarchäologe
        die große Zahl seiner Funde, die er damals innerhalb von zwei Tagen
        machen konnte, als deutliche Zustimmung für diese ungewöhnliche
        geistige Übereinkunft an. Die verschiedensten Steinwerkzeuge vom
        Messer bis zur Lanzenspitze waren ebenso unter den Funden wie multifunktionelle
        und nur mit großem Geschick herzustellende Bohr-, Schab- und Sägesteine.
        Hinzu kamen sehr seltene, mit wenigen Schlägen kunstvoll aus dem
        Stein gearbeitete Figuren einer Tiermutter mit zwei Jungtieren, die vermutlich
        Bären darstellen, sowie Kultfiguren der Urmutter und Phallussymbole.
        Sogar Reste einer Bemalung fanden sich noch an den Figuren und Idolen.
        Ein recht seltener archäologischer Glücksfall, so scheint es.
        Doch die Entdeckung dieser Höhle bei Turtmann im Herbst 1976 sollte
        für Pfarrer Schmid nur der Anfang seiner diesbezüglichen privaten
        Forschungen „unter höherer Führung" sein. Insgesamt
        fast 50 Höhlen und weitere 20 Kraft- und Kultplätze untersuchte
        er, und bei fast allen waren seine Grabungen erfolgreich.  
        Geweckt worden war die archäologische Neugier bei ihm zuerst durch
        einen seltsamen großen Stein mit insgesamt 64 kleineren und größeren
        schalenartigen Vertiefungen, von dem für ihn ein „eigenartiges
        Fluidum" ausging. Auf einem Hügel neben der Kapelle von Kastlern
        und unweit seiner langjährigen Pfarrgemeinde Turtmann gelegen, kam
        Schmid oft auf seinen Spaziergängen an diesem Felsen vorbei - einem
        als „Schalenstein" oder auch als „Elfenmühle" bezeichneten
        prähistorischen Kultstein, wie Schmid von einem Archäologen
        erfuhr. Sein Interesse war erwacht. Heute erkennt er solche Kultplätze
        der Steinzeit oft schon an ihrem „besonderen Magnetismus".
        Er spürt die Energie dieser Orte und die Kraft über Jahrhunderte
        hinweg immer wieder abgehaltener Rituale, die diesen Plätzen quasi
        eingeschrieben sei. „Die Geschichte ist nicht tot, sie lebt, und
        wir können sie spüren", so Schmid. Probleme mit seinem
        katholischen Glauben hat der Altpfarrer bei solchen „übersinnlichen" Wahrnehmungen
        nicht, denn jeder Mensch, ist er überzeugt, habe von Gott die Fähigkeit
        erhalten, nicht nur mit Augen, Ohren, Nase und Tastsinn wahrzunehmen.
        So sei es geradezu die Aufgabe des Menschen, diese gottgegebenen Anlagen
        auch zu nutzen. 
        Die prähistorischen Menschen, die an diesem Schalenstein von Kastlem
        ihre Rituale ausrichteten, brauchten Trinkwasser und einen Wohnplatz,
        sagte sich Schmid. Die Suche danach führte ihn direkt zum Wasserfall
        von Turtmann und der daneben gelegenen Wohnhöhle. Bereits auf dem
        Weg dahin sah er unter einem Quarzfelsen „wie zufällig" einen
        Stein mit besonderer Form. „Ich nahm ihn in die Hand und spürte,
        daß er genau in den Griff paßte. Ich steckte ihn ein, wußte
        aber noch nicht, daß ich das erste Steinzeitwerkzeug gefunden hatte",
        erinnert er sich heute an sein Schlüsselerlebnis, bei dem er geistig
        zu der Wohnstätte der Steinzeitmenschen geführt worden sei.
        Kurz darauf saß er inmitten zahlreicher Fundstücke in der
        Höhle von Turtmann. „Man muß offen sein für die
        feinen Impulse, die unsere Umgebung, gerade in der Natur, uns übermitteln
        möchte", meint er. 
            
              
                Schalensteine weltweit
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                 Auf allen Kontinenten findet man Felsen,
                  in die zu prähistorischer Zeit Schalen eingraviert worden
                  sind. Während die größeren Schalen wohl als
                  Mahlgruben für Kräuter und Samen Verwendung fanden,
                  gibt es bezüglich der Nutzung der kleineren Schalen die
                  verschiedensten Theorien - auch wenn noch am Anfang dieses
                  Jahrhunderts vor allem in Frankreich und Schweden Bauern in
                  den Schalen zur Sonnenwende Brandopfer darbrachten. In der
                  Schweiz heißt es, daß die kleinen Kinder „von
                  den Schalen herkommen". Auch eine Verbindung zu der bereits
                  aus der „Rigveda" bekannten Zeremonie des Feuerbohrens
                  kann hergestellt werden. Dieses Feueropfer, „Menthana",
                  bei dem mit einem Hartholzstab eine Vertiefung in eine Weichholzunterlage
                  gebohrt wurde, wird in Indien rituell-erotisch aufgefaßt.
                  Auch hierzulande sagt man ja heute noch für ein Verliebtsein,
                  er oder sie habe „Feuer gefangen". Bei der Zeremonie
                  des Feuerbohrens symbolisieren Bohrstab und erzeugtes Loch
                  vermutlich die Befruchtung der Mutter Erde, stellvertretend
                  für alle Lebewesen und Pflanzen. 
            Mit Fruchtbarkeitsriten können auch Schalengruben an Menhiren
            in Verbindung gebracht werden. In der Bretagne und der Normandie
            strichen kinderlose Frauen Butter und Honig in die Schalen des Steins
            als Opfer für die Erfüllung ihres Kinderwunsches. Bei Carnac
            am Morbihan sollen sogar, wie der deutsche Felsbildforscher Dietrich
            Evers herausfand (s. ausführl. in: ders., „Felsbilder,
            Botschaften der Vorzeit"), „junge Mädchen, die heiraten
            wollten, nackt an einem speziellen Menhir und an dessen Schalengruben
            den Nabel gerieben haben". Selbst die Schalensteine auf Hawaii,
            die sogenannten „Piko-Löcher", stehen in Zusammenhang
            mit Fruchtbarkeitsritualen. Nach überlieferten Vorstellungen
            soll in diesen Schalen die Nabelschnur des ungeborenen Kindes befestigt
            gewesen sein. Die Eltern brachten nach der Geburt darin Opfer dar
            und baten für ein langes Leben des Kindes. | 
               
             
             Eine der interessantesten prähistorischen
              Stätten, an denen Schmid Ausgrabungen machte, ist die Kultstätte
              bei der Stiftskirche Valeria auf einem Hügel über Sion,
              der Hauptstadt des Kantons Wallis. Frei schweift der Blick von
              hier aus weit über das Rhonetal. Ein kleines Felsplateau als
              höchster Punkt bietet mehreren Menschen Platz. Darunter befindet
              sich ein Felsüberhang, auf dessen Boden fünf Schalen
              eingeritzt wurden, die nach Himmelsrichtung und Sonnenstand ausgerichtet
              zu sein scheinen. 
             Rutschbahnen der „Großen
              Mutter" 
            Von diesen Schalen führt eine sogenannte Rutschbahn,
              wie sie im Alpenraum häufiger anzutreffen sind, etwa fünf
              Meter lang den Felsen hinab. Eine zweite, noch längere Rutschbahn
              befindet sich in einiger Entfernung auf der anderen Seite des Kultplatzes.
              Auch hier wurden in prähistorischer Zeit Schalen eingraviert. 
        Mit dem Pendel versuchte Schmid den Ort festzustellen, an dem hier die
        meisten Funde zu erwarten seien. In mehreren Testgrabungen fand er daraufhin
        nicht nur Werkzeuge der Altsteinzeit, sondern auch kleine Farbkügelchen
        aus gebranntem Ockerstein und vermutliche Kultidole, die noch geringe
        Reste einer Bemalung aufweisen. Schmid vermutet daher, daß die
        Schalensteine und die Rutschbahnen auf dem Hügel von Sion in Verbindung
        zu einem Fruchtbarkeitskult standen (s. Kasten unten). Ein in manchen
        Gegenden im Alpenraum bis heute lebendiger Brauch, bei dem Frauen, die
        Kinder bekommen möchten, auf solchen Felsbahnen hinunterrutschen,
        scheint dies zu bestätigen. Heute ist die nahe Kirche Valeria eine
        sehr beliebte Hochzeitskirche des Ortes - ist in dieser Form etwas von
        den alten Ritualen bewahrt geblieben? 
        Auf einen Zusammenhang mit Fruchtbarkeitskulten weisen auch Schmids Funde
        in dem in Sichtweite von Sion gelegenen Gebiet von Brämis hin. Tatsächlich
        fand er in der dortigen „Grotte aux nains", auf deutsch „Zwergenhöhle",
        ebenfalls Steinzeitwerkzeuge. In der nahen Wallfahrtskapelle von Longeborgne
        stieß er zwar auf keine Spuren mehr. Die Pilger aber führt
        ein ganz besonderer Grund in diese Wallfahrtskirche. Wie Schmid erklärt,
        sind es vor allem junge Familien, die bei der Gottesmutter um Kindersegen
        bitten. „Das erinnert noch an die Fruchtbarkeitskulte der vorchristlichen
        Zeit", so meint der Pfarrer. „Man betete zur Großen
        Mutter, und als das Christentum Aufnahme im Wallis fand, wurde auch hier
        die Große Mutter durch ein Bild Mariens ersetzt." Die Anliegen
        aber, mit denen die Gläubigen nach Longeborgne kommen, seien gleichgeblieben. 
        Mit der „Grotte aux nains" wurde Schmid, so seine feste Überzeugung,
        durch eine Ortsbezeichnung und eine Zwergensage zu Spuren der Altsteinzeitmenschen
        geführt. Das brachte ihn zu der These, daß es unter den damaligen
        Bewohnern dieser Gegend auch Gruppen von besonders kleinwüchsigen
        Menschen gegeben habe; in Sagen und Märchen von Zwergen und Gnomen
        habe sich die Erinnerung an sie bewahrt. 
        Hoch oben, in Höhlen an den Hängen der Walliser Berge, sollen
        die Zwerge und Gnome nach den alten Sagen gewohnt haben. Gogwärgini
        werden sie im Walliser Dialekt genannt. Bereits nach der Entdeckung der
        steinzeitlichen Wohnhöhle von Turtmann ahnte Schmid einen Zusammenhang
        zwischen den Menschen der Megalithkultur und den Zwergengeschichten seiner
        Heimat. Die „Gogwärgi-Balme" bei Ausserberg oberhalb
        von St. German, wo er als Jugendlicher das Vieh hütete, war daher
        das zweite Ziel seiner Ausgrabungen. Tatsächlich fand Schmid auch
        hier zahlreiche Steine, die er als Faustkeile, Lanzenspitzen und andere
        Werkzeuge der Altsteinzeit klassifizierte. Weitere Balmen - eine alte,
        vermutlich keltische Bezeichnung für Höhle oder Grotte - und
        Orte, die mit Sagen um Zwerge oder den Teufel verbunden sind, untersuchte
        er im Laufe der Jahre. Dank der „magnetischen Anziehung",
        die prähistorische Orte auf ihn auszuüben scheinen, gelangen
        ihm dabei häufig sehr umfangreiche Funde. 
        Den vermuteten zwergenhaften Steinzeitmenschen schreibt Schmid auch kleine
        Bergstollen im Wallis zu, in denen während der Steinzeit der für
        Werkzeuge verwendete Quarz herausgebrochen worden sei. Nur 1 bis 1,20
        Meter hoch ist zum Beispiel das sogenannte Strahlen- oder Katzenloch
        im Längtal, wo Schmid Werkzeuge der Altsteinzeit, darunter ein besonders
        schönes Quarzbeil mit Griff, gefunden hat. Sogar noch niedrigere
        dieser Bergstollen sind bekannt. „Wie konnten Menschen darin arbeiten,
        wo heute kaum Kinder sich darin bewegen können?" fragt Schmid
        und gibt mit seiner Zwergenhypothese selbst die Antwort darauf. 
        Einige Skelett- und Knochenfunde scheinen zu bestätigen, daß es
        in der Steinzeit im Wallis - wie in anderen Gegenden auch - zumindest
        deutlich kleinere Menschen gab. Jedoch erst für die Jungsteinzeit
        (zirka 6000 bis 1800 v.Chr.), also etwa zwei bis vier Jahrtausende nach
        der Zeit, aus der Schmids Funde zu stammen scheinen, verfügen die
        Archäologen über sichere Angaben zur Körpergröße
        der Menschen. Durchschnittlich sollen sie damals zwischen 1,49 (Frauen)
        und 1,57 (Männer) Meter groß gewesen sein. Zwergengröße
        allerdings ist dies noch nicht, wie Schmid selbst einräumt. Aus
        der Altsteinzeit selbst aber sind komplette Skelettfunde selten, so daß die
        durchschnittliche Größe dieser prähistorischen Menschen
        nur ungefähr bestimmt werden kann. Ob es darunter tatsächlich „Zwerge" gegeben
        hat, ist also heute reine Spekulation. Auffällig bleibt jedoch der
        Umstand, daß Schmid in der Nähe von sogenannten Zwergenhöhlen
        und anderen mit Zwergensagen verbundenen Orten - zumindest seiner Ansicht
        nach und nach dem Urteil einzelner Archäologen - fast immer auf
        Fundstücke aus der Alt- und Mittelsteinzeit stieß. 
            
              
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                Schmid weist auf zwei Schalen am
                  Kultplatz auf dem Hügel von Sion hin. Anschaulich erklärt
                  er die Verwendung der Steinzeit-Werkzeuge (darunter).  
            Linke S. o.: Gebärmutter bzw. Mutterschoß sollen herzförmige
            Fruchtbarkeitsidole symbolisieren; unt.: steinzeitliche Kultidole
            (li.) und Tiermutter mit jungen (re.), alle mit Resten einer Bemalung | 
               
             
            Wie Schmid erzählt, haben sich den Walliser
              Sagen zufolge Gruppen des Zwergenvolkes in Höhlen auf den
              Berghöhen zurückgezogen und den eingewanderten Bauern
              der Mittel- und Jungsteinzeit die Täler überlassen. Eine
              Zeitlang hätten die Zwerge noch deren Tiere auf den Almen
              gehütet und andere Arbeiten verrichtet. Die Heinzelmännchen-Geschichten
              des Wallis sollen darin ihren wahren Kern haben. Durch Isolation
              und Inzucht jedoch seien die kleinwüchsigen Menschen der Altsteinzeit
              körperlich immer mehr deformiert worden und schließlich
              ausgestorben. So jedenfalls interpretiert Schmid eine Zwergengeschichte
              des Wallis, nach der die letzten Zwergenfamilien nach hinten gewachsene
              Füße gehabt haben sollen. Ähnlich erfolgreich wie
              bei den Ausgrabungen auf den Spuren der Zwergensagen scheinen Schmids
              Testgrabungen neben Schalensteinen zu sein. An über 15 verschiedenen
              Schalensteinen konnte er Faustkeile und andere, von ihm der Altsteinzeit
              zugeordnete Werkzeuge finden. Dort entdeckte er zudem Mahlsteine,
              die genau in einige große Schalen passen. Eine Verwendung
              als „Getreidemühle", wie sie auch in den schwedischen
              Sagen um die „Elfensteine" und die darin befindlichen „Elfenmühlen" auftaucht,
              liegt daher zumindest bei diesen größeren Schalen nahe. 
        Die kleineren Schalen aber, vor allem wenn sie sich in der Nähe
        von Rutschbahnen befinden, sieht Schmid eng mit einem religiösen
        Kult verbunden, in dem Fruchtbarkeit und Sonnenkult eine Rolle spielen
        (s. a. Kasten S. 96). Idole, die von ihm neben den Schalensteinen gefunden
        wurden, und einzelne Felszeichnungen mit menschlichen Figuren, die mit
        erhobenen Händen die Sonne anzubeten scheinen, legen dies seiner
        Meinung nach nahe. In jedem Fall aber „ordnen sich durch die zahlreichen
        Steinwerkzeuge, die bei den Schalensteinen gefunden wurden, diese geheimnisvollen
        Zeichen organisch in die prähistorische Steinkultur des Alpentales
        ein", so der Hobbyarchäologe. 
             Zwerge als Bildhauer 
            Bereits zwischen 1962 und 1973 waren in Sion bei
              Bauarbeiten über zwei Meter große antropomorphe Stelen
              und Menhire aus der Jungsteinzeit und zahlreiche Dolmengräber
              entdeckt worden. Ihre Verzierungen zeigen eine erstaunliche Kunstfertigkeit
              der steinzeitlichen Bildhauer. Woher kamen diese Künstler,
              und wo waren die Vorläufer für diese außergewöhnlichen
              Megalithsteine, deren Ursprung die Archäologen auf die Zeit
              zwischen 4000 und 2000 Jahre v. Chr. datieren? Von den Wohnstätten
              und Werkzeugen, die zur Steinbearbeitung hätten dienen können,
              haben die Archäologen nur relativ wenige Spuren gefunden.
              Mit unkonventionellen Methoden wie Pendeln, „geistigen Kontakten" und
              der Interpretation von Zwergensagen aber könnte Emil Schmid
              zum Schließen dieser archäologischen Lücke beigetragen
              haben. Einigkeit über seine Funde besteht in der Fachwelt
              jedoch nicht, und vielfach werden seine Hobbyforschungen nicht
              ernst genommen und erst gar nicht überprüft (s. nebenstehenden
              Kasten zur Seen-Theorie). Sein „intuitives" Aufspüren
              sowie sein Identifizieren von Steinzeitwerkzeugen zuerst durch
              die Paßform bzw. das „Gefühl in der Hand" genügt
              strengen wissenschaftlichen Maßstäben natürlich
              nicht. So betrachten zum Beispiel die angesehenen Schweizer Archäologen
              Prof. Alain Galle und Prof. H.-G. Bandi die meisten Funde Schmids
              als „Launen der Natur" und bezeichnen die archäologischen
              Hypothesen des Pfarrers Schlichtweg als „Unsinn". Lediglich
              einzelne „Zufallsfunde", wie zum Beispiel eine Obsidianklinge,
              erkannten sie unter den von Schmid bei dessen Besuch vorgelegten
              Objekten als echte Werkzeuge aus der Steinzeit an. 
            
              
                Schmids Seen-Therapie
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                 Eine Bestätigung fand kürzlich
                  die „Seen-Theorie" von Pfarrer und Hobbyforscher
                  Emil Schmid. Durch typische Auswaschungsränder an mehreren,
                  weit voneinander entfernt liegenden Felsen und Berghängen
                  im Wallis war er auf die Hypothese gekommen, daß es vor
                  8 - 10 000 Jahren zwei große Seen im Walliser Rhonetal
                  gegeben haben muß. Während den Schweizer Archäologen
                  wie z.B. Prof. Alain Gally und Prof. H.-G. Bandi solch große
                  Seen während der Alt- und Mittelsteinzeit bisher unbekannt
                  sind und sie sich auf fehlende wissenschaftliche Daten aus
                  der Geologie berufen, konnte der Walliser Ingenieur Roger Delitroz
                  die Seen-Theorie Schmids im wesentlichen bestätigen. Mit
                  Hilfe eines Höhenmeßgerätes stellte Delitroz
                  fest, daß mit nur geringen Abweichungen diese Auswaschungen
                  an den Felsen, wie sie von Uferwellen stammen könnten,
                  auf ein und derselben Höhe liegen. 
            Nach Schmids Hypothese existierten in der Jungsteinzeit nur noch
            Reste dieses Sees. So konnten die Archäologen bei ihren bisherigen
            Ausgrabungen im Tal - wie, bei der Stadt Sion, der Hauptstadt des
            Kantons Wallis, auch lediglich Kulturreste der Jung- und der jüngeren
            Mittelsteinzeit finden. Artefakte aus der Mittel- und Altsteinzeit
            wie in Schmids Sammlung aber seien nur oberhalb dieser Uferlinie,
            an den Berghängen und auf den Hügeln im Tal zu entdecken.
            Beispiele hierfür sind die Funde aus der Höhle am Wasserfall
            von Turtmann, die „grotte aux nains" bei Brämis,
            die beide an den Ufern des damaligen Sees lagen, und die Kultstätte
            auf dem Hügel von Sion, welcher damals eine Insel gewesen sein
            muß. | 
               
             
             Differenzierter sehen dies Archäologen, welche
              die gesamte Sammlung von Schmid in Brig begutachtet haben. Nur
              wenige Bearbeitungsspuren machen manchmal die Faustkeile und andere
              Steine als Werkzeuge kenntlich, und mitunter werden diese Formen
              erst als künstliche, von Menschenhand erzeugte Gegenstände
              erkannt, wenn man mehrere Steine der gleichen Form und mit den
              gleichen Bearbeitungsspuren und Abschlagkanten findet oder vor
              Augen hat. Die geringe Bearbeitung aber ist ein typisches Merkmal
              für die sogenannten Geröllgerätekulturen der Altsteinzeit
              und noch für den Übergang zur Mittelsteinzeit etwa um
              8000 v. Chr. So erkennen etwa der Kantonsarchäologe des Wallis,
              Francois Wible, Silvester Nauli vom Rätischen Museum in Chur
              (inzwischen verstorben) und die englische Professorin für
              Archäologie und Anthropologie in Cambridge, Janice Stargardt,
              mindestens die Hälfte der von Schmid ausgegrabenen Funde als
              echte Werkzeuge und Kultidole aus der Steinzeit an und halten eine Überprüfung
              der Fundstätten durch sorgfältige Ausgrabungen sowie
              die Katalogisierung und Dokumentation der bisherigen Funde Schmids
              für dringend erforderlich. All dies aber geschah bisher nicht. 
„ Eine endgültige Entscheidung über die Echtheit der Funde fällt
auch deshalb so schwer", erläutert Kantonsarchäologe Wible, „weil
die Funde nicht bei systematischen Ausgrabungen gemacht wurden und damit auch
nicht in eventuellen Kulturschichten, die eindeutig zugeordnet werden können".
So hält es der Experte für wahrscheinlich, daß „sich sowohl
der Hobbyforscher Emil Schmid als auch die Archäologenzunft ein wenig irren" und
meint, „daß die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen könnte". 
        Für die englische Archäologin und Anthropologin Stargardt,
        die bei ihren regelmäßigen Ferienaufenthalten im Wallis die
        Sammlung Schmids prüfte, steht dagegen fest, daß es sich bei
        den umstrittenen Fundstücken tatsächlich um Kulturgegenstände
        aus der Megalithzeit handelt. „Diese Steinkultur ist echt, sie
        ist mesolithisch", zitiert Schmid die Archäologin in seinem
        Buch „Steinkultur im Wallis" (Brig, 1986). 
             Auf
              dieser Fels-„Rutschbahn" bei Sion sollen Steinzeitmenschen
              zu kultischen Zwecken hinabgeglitten sein 
              
             Hat Schmid mit seinen unkonventionellen Methoden
              nun tatsächlich eine bisher weitgehend unbekannte Steinzeitkultur
              im Wallis entdeckt? Seine Funde stellte er jedenfalls vorsorglich
              in einer Stiftung dem Oberwallis zur Verfügung. Zur Zeit lagern
              die Objekte im Spital von Brig, wo Schmid als Altpfarrer noch seelsorgerisch
              tätig ist. Gern zeigt er Interessierten die Funde, führt
              sehr anschaulich die Funktionsweise der Steinwerkzeuge vor, und
              schnell spürt man seine besondere Begeisterung für die
              Archäologie. 
        Auch spirituell hat die Megalithkultur den Pfarrer immer wieder beschäftigt: „Die
        kultische Verehrung der 'Großen Mutter' hat den Menschen damals
        auch Geborgenheit und Schutz vermittelt", meint Schmid, und weiter,
        daß „eine solche Geborgenheit vielen Menschen unserer Zeit
        fehlt und die heutige Kirche dies oftmals nicht vermitteln kann - auch
        durch die Marienverehrung nicht". 
        In seiner Annahme solch eines steinzeitlichen Fruchtbarkeitskultes stützt
        er sich unter anderem auf Funde von zahlreichen herzförmigen Mutteridolen
        bei der Höhle am Wasserfall von Turtmann. Für Schmid stellen
        diese prähistorischen Idole die Gebärmutter bzw. den Mutterschoß dar
        und betonen damit die große Rolle, die die Fruchtbarkeit und die „Große
        Mutter" im Leben der Steinzeitmenschen gespielt habe. Ein wenig
        von der Kraft dieses alten Kultes um Fruchtbarkeit und um die „Große
        Mutter" aber könne man an den prähistorischen Stätten
        und Kraftorten heute noch erahnen und nachempfinden. Auch wenn sich einige
        seiner Funde tatsächlich als bloße „Launen der Natur" entpuppen
        sollten, so wurden dank der hobbyarchäologischen Forschungen Schmids
        unter „höherer Führung" und auf den Spuren der Zwerge
        heute viele Wohn- und Kultstätten der Megalithkultur und einige „Kraftorte" des
        Wallis wieder bekannt und können so vielleicht dauerhaft bewahrt
        werden.  
            Bildquellen: ©Ulrich Arndt 
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