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Erschienen in: esotera 9/1994
(Seite 94-99) |
Kraftplätze der Zwerge
Pendel, „geistige Kontakte" und Sagen
des Wallis führten Pfarrer Emil Schmid zu 10 000 Jahre alten
Kultplätzen und Wohnhöhlen mit Idolen, Steinfiguren und
Werkzeugen der Megalithkultur: Überreste eines alten Zwergenvolkes,
von kleinwüchsigen Menschen, die damals in dem Schweizer Kanton
gelebt haben sollen
Von Ulrich Arndt
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Ergebnis einer über 20jährigen Archäologie „unter
höherer Führung" - Emil Schmid vor den übervollen
Regalen seiner Sammlung von Werkzeugen, Idolen und Kultfiguren
aus Alt- und Mittelsteinzeit.
Bild oben: Hinter Buschwerk verborgen liegt die Wohnhöhle von
Turtmann links neben dem Wasserfall; zahlreiche Fruchtbarkeitsidole
konnte Schmid hier finden. Rechts: eine aus Quarzgestein gefertigte
besonders schöne Steinzeitwaffe |
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Gespaltene Kiesel und Steine mit deutlichen Einschlagstellen
fielen Pfarrer Emil Schmid ins Auge, als er den Felsüberhang
neben dem Wasserfall erklomm. Nicht wenige einzelne waren es, sondern
so viele, daß dies keine Laune der Natur sein konnte. Vermutlich über
eine sehr lange Zeit hinweg, eventuell mehr als 2000 Jahre lang,
war die offene Höhle bei der Stadt Turtmann im schweizerischen
Kanton Wallis eine Wohnstätte der Steinzeitmenschen gewesen.
Als Schmid die behauenen Steine in der Höhle prüfte, „kamen
mir diese frühen Menschen geistig nahe", so umschreibt
der heute fast 80jährige Altpfarrer seinen ersten geistigen
Kontakt mit den Steinzeitmenschen vor etwa 20 Jahren. „Ich
versprach, ihnen ein Denkmal zu setzen, wenn sie mich hilfreich
bei der Forschung begleiten", berichtet er weiter.
Schon bei dieser ersten vorzeitlichen Entdeckung sah der Hobbyarchäologe
die große Zahl seiner Funde, die er damals innerhalb von zwei Tagen
machen konnte, als deutliche Zustimmung für diese ungewöhnliche
geistige Übereinkunft an. Die verschiedensten Steinwerkzeuge vom
Messer bis zur Lanzenspitze waren ebenso unter den Funden wie multifunktionelle
und nur mit großem Geschick herzustellende Bohr-, Schab- und Sägesteine.
Hinzu kamen sehr seltene, mit wenigen Schlägen kunstvoll aus dem
Stein gearbeitete Figuren einer Tiermutter mit zwei Jungtieren, die vermutlich
Bären darstellen, sowie Kultfiguren der Urmutter und Phallussymbole.
Sogar Reste einer Bemalung fanden sich noch an den Figuren und Idolen.
Ein recht seltener archäologischer Glücksfall, so scheint es.
Doch die Entdeckung dieser Höhle bei Turtmann im Herbst 1976 sollte
für Pfarrer Schmid nur der Anfang seiner diesbezüglichen privaten
Forschungen „unter höherer Führung" sein. Insgesamt
fast 50 Höhlen und weitere 20 Kraft- und Kultplätze untersuchte
er, und bei fast allen waren seine Grabungen erfolgreich.
Geweckt worden war die archäologische Neugier bei ihm zuerst durch
einen seltsamen großen Stein mit insgesamt 64 kleineren und größeren
schalenartigen Vertiefungen, von dem für ihn ein „eigenartiges
Fluidum" ausging. Auf einem Hügel neben der Kapelle von Kastlern
und unweit seiner langjährigen Pfarrgemeinde Turtmann gelegen, kam
Schmid oft auf seinen Spaziergängen an diesem Felsen vorbei - einem
als „Schalenstein" oder auch als „Elfenmühle" bezeichneten
prähistorischen Kultstein, wie Schmid von einem Archäologen
erfuhr. Sein Interesse war erwacht. Heute erkennt er solche Kultplätze
der Steinzeit oft schon an ihrem „besonderen Magnetismus".
Er spürt die Energie dieser Orte und die Kraft über Jahrhunderte
hinweg immer wieder abgehaltener Rituale, die diesen Plätzen quasi
eingeschrieben sei. „Die Geschichte ist nicht tot, sie lebt, und
wir können sie spüren", so Schmid. Probleme mit seinem
katholischen Glauben hat der Altpfarrer bei solchen „übersinnlichen" Wahrnehmungen
nicht, denn jeder Mensch, ist er überzeugt, habe von Gott die Fähigkeit
erhalten, nicht nur mit Augen, Ohren, Nase und Tastsinn wahrzunehmen.
So sei es geradezu die Aufgabe des Menschen, diese gottgegebenen Anlagen
auch zu nutzen.
Die prähistorischen Menschen, die an diesem Schalenstein von Kastlem
ihre Rituale ausrichteten, brauchten Trinkwasser und einen Wohnplatz,
sagte sich Schmid. Die Suche danach führte ihn direkt zum Wasserfall
von Turtmann und der daneben gelegenen Wohnhöhle. Bereits auf dem
Weg dahin sah er unter einem Quarzfelsen „wie zufällig" einen
Stein mit besonderer Form. „Ich nahm ihn in die Hand und spürte,
daß er genau in den Griff paßte. Ich steckte ihn ein, wußte
aber noch nicht, daß ich das erste Steinzeitwerkzeug gefunden hatte",
erinnert er sich heute an sein Schlüsselerlebnis, bei dem er geistig
zu der Wohnstätte der Steinzeitmenschen geführt worden sei.
Kurz darauf saß er inmitten zahlreicher Fundstücke in der
Höhle von Turtmann. „Man muß offen sein für die
feinen Impulse, die unsere Umgebung, gerade in der Natur, uns übermitteln
möchte", meint er.
Schalensteine weltweit
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Auf allen Kontinenten findet man Felsen,
in die zu prähistorischer Zeit Schalen eingraviert worden
sind. Während die größeren Schalen wohl als
Mahlgruben für Kräuter und Samen Verwendung fanden,
gibt es bezüglich der Nutzung der kleineren Schalen die
verschiedensten Theorien - auch wenn noch am Anfang dieses
Jahrhunderts vor allem in Frankreich und Schweden Bauern in
den Schalen zur Sonnenwende Brandopfer darbrachten. In der
Schweiz heißt es, daß die kleinen Kinder „von
den Schalen herkommen". Auch eine Verbindung zu der bereits
aus der „Rigveda" bekannten Zeremonie des Feuerbohrens
kann hergestellt werden. Dieses Feueropfer, „Menthana",
bei dem mit einem Hartholzstab eine Vertiefung in eine Weichholzunterlage
gebohrt wurde, wird in Indien rituell-erotisch aufgefaßt.
Auch hierzulande sagt man ja heute noch für ein Verliebtsein,
er oder sie habe „Feuer gefangen". Bei der Zeremonie
des Feuerbohrens symbolisieren Bohrstab und erzeugtes Loch
vermutlich die Befruchtung der Mutter Erde, stellvertretend
für alle Lebewesen und Pflanzen.
Mit Fruchtbarkeitsriten können auch Schalengruben an Menhiren
in Verbindung gebracht werden. In der Bretagne und der Normandie
strichen kinderlose Frauen Butter und Honig in die Schalen des Steins
als Opfer für die Erfüllung ihres Kinderwunsches. Bei Carnac
am Morbihan sollen sogar, wie der deutsche Felsbildforscher Dietrich
Evers herausfand (s. ausführl. in: ders., „Felsbilder,
Botschaften der Vorzeit"), „junge Mädchen, die heiraten
wollten, nackt an einem speziellen Menhir und an dessen Schalengruben
den Nabel gerieben haben". Selbst die Schalensteine auf Hawaii,
die sogenannten „Piko-Löcher", stehen in Zusammenhang
mit Fruchtbarkeitsritualen. Nach überlieferten Vorstellungen
soll in diesen Schalen die Nabelschnur des ungeborenen Kindes befestigt
gewesen sein. Die Eltern brachten nach der Geburt darin Opfer dar
und baten für ein langes Leben des Kindes. |
Eine der interessantesten prähistorischen
Stätten, an denen Schmid Ausgrabungen machte, ist die Kultstätte
bei der Stiftskirche Valeria auf einem Hügel über Sion,
der Hauptstadt des Kantons Wallis. Frei schweift der Blick von
hier aus weit über das Rhonetal. Ein kleines Felsplateau als
höchster Punkt bietet mehreren Menschen Platz. Darunter befindet
sich ein Felsüberhang, auf dessen Boden fünf Schalen
eingeritzt wurden, die nach Himmelsrichtung und Sonnenstand ausgerichtet
zu sein scheinen.
Rutschbahnen der „Großen
Mutter"
Von diesen Schalen führt eine sogenannte Rutschbahn,
wie sie im Alpenraum häufiger anzutreffen sind, etwa fünf
Meter lang den Felsen hinab. Eine zweite, noch längere Rutschbahn
befindet sich in einiger Entfernung auf der anderen Seite des Kultplatzes.
Auch hier wurden in prähistorischer Zeit Schalen eingraviert.
Mit dem Pendel versuchte Schmid den Ort festzustellen, an dem hier die
meisten Funde zu erwarten seien. In mehreren Testgrabungen fand er daraufhin
nicht nur Werkzeuge der Altsteinzeit, sondern auch kleine Farbkügelchen
aus gebranntem Ockerstein und vermutliche Kultidole, die noch geringe
Reste einer Bemalung aufweisen. Schmid vermutet daher, daß die
Schalensteine und die Rutschbahnen auf dem Hügel von Sion in Verbindung
zu einem Fruchtbarkeitskult standen (s. Kasten unten). Ein in manchen
Gegenden im Alpenraum bis heute lebendiger Brauch, bei dem Frauen, die
Kinder bekommen möchten, auf solchen Felsbahnen hinunterrutschen,
scheint dies zu bestätigen. Heute ist die nahe Kirche Valeria eine
sehr beliebte Hochzeitskirche des Ortes - ist in dieser Form etwas von
den alten Ritualen bewahrt geblieben?
Auf einen Zusammenhang mit Fruchtbarkeitskulten weisen auch Schmids Funde
in dem in Sichtweite von Sion gelegenen Gebiet von Brämis hin. Tatsächlich
fand er in der dortigen „Grotte aux nains", auf deutsch „Zwergenhöhle",
ebenfalls Steinzeitwerkzeuge. In der nahen Wallfahrtskapelle von Longeborgne
stieß er zwar auf keine Spuren mehr. Die Pilger aber führt
ein ganz besonderer Grund in diese Wallfahrtskirche. Wie Schmid erklärt,
sind es vor allem junge Familien, die bei der Gottesmutter um Kindersegen
bitten. „Das erinnert noch an die Fruchtbarkeitskulte der vorchristlichen
Zeit", so meint der Pfarrer. „Man betete zur Großen
Mutter, und als das Christentum Aufnahme im Wallis fand, wurde auch hier
die Große Mutter durch ein Bild Mariens ersetzt." Die Anliegen
aber, mit denen die Gläubigen nach Longeborgne kommen, seien gleichgeblieben.
Mit der „Grotte aux nains" wurde Schmid, so seine feste Überzeugung,
durch eine Ortsbezeichnung und eine Zwergensage zu Spuren der Altsteinzeitmenschen
geführt. Das brachte ihn zu der These, daß es unter den damaligen
Bewohnern dieser Gegend auch Gruppen von besonders kleinwüchsigen
Menschen gegeben habe; in Sagen und Märchen von Zwergen und Gnomen
habe sich die Erinnerung an sie bewahrt.
Hoch oben, in Höhlen an den Hängen der Walliser Berge, sollen
die Zwerge und Gnome nach den alten Sagen gewohnt haben. Gogwärgini
werden sie im Walliser Dialekt genannt. Bereits nach der Entdeckung der
steinzeitlichen Wohnhöhle von Turtmann ahnte Schmid einen Zusammenhang
zwischen den Menschen der Megalithkultur und den Zwergengeschichten seiner
Heimat. Die „Gogwärgi-Balme" bei Ausserberg oberhalb
von St. German, wo er als Jugendlicher das Vieh hütete, war daher
das zweite Ziel seiner Ausgrabungen. Tatsächlich fand Schmid auch
hier zahlreiche Steine, die er als Faustkeile, Lanzenspitzen und andere
Werkzeuge der Altsteinzeit klassifizierte. Weitere Balmen - eine alte,
vermutlich keltische Bezeichnung für Höhle oder Grotte - und
Orte, die mit Sagen um Zwerge oder den Teufel verbunden sind, untersuchte
er im Laufe der Jahre. Dank der „magnetischen Anziehung",
die prähistorische Orte auf ihn auszuüben scheinen, gelangen
ihm dabei häufig sehr umfangreiche Funde.
Den vermuteten zwergenhaften Steinzeitmenschen schreibt Schmid auch kleine
Bergstollen im Wallis zu, in denen während der Steinzeit der für
Werkzeuge verwendete Quarz herausgebrochen worden sei. Nur 1 bis 1,20
Meter hoch ist zum Beispiel das sogenannte Strahlen- oder Katzenloch
im Längtal, wo Schmid Werkzeuge der Altsteinzeit, darunter ein besonders
schönes Quarzbeil mit Griff, gefunden hat. Sogar noch niedrigere
dieser Bergstollen sind bekannt. „Wie konnten Menschen darin arbeiten,
wo heute kaum Kinder sich darin bewegen können?" fragt Schmid
und gibt mit seiner Zwergenhypothese selbst die Antwort darauf.
Einige Skelett- und Knochenfunde scheinen zu bestätigen, daß es
in der Steinzeit im Wallis - wie in anderen Gegenden auch - zumindest
deutlich kleinere Menschen gab. Jedoch erst für die Jungsteinzeit
(zirka 6000 bis 1800 v.Chr.), also etwa zwei bis vier Jahrtausende nach
der Zeit, aus der Schmids Funde zu stammen scheinen, verfügen die
Archäologen über sichere Angaben zur Körpergröße
der Menschen. Durchschnittlich sollen sie damals zwischen 1,49 (Frauen)
und 1,57 (Männer) Meter groß gewesen sein. Zwergengröße
allerdings ist dies noch nicht, wie Schmid selbst einräumt. Aus
der Altsteinzeit selbst aber sind komplette Skelettfunde selten, so daß die
durchschnittliche Größe dieser prähistorischen Menschen
nur ungefähr bestimmt werden kann. Ob es darunter tatsächlich „Zwerge" gegeben
hat, ist also heute reine Spekulation. Auffällig bleibt jedoch der
Umstand, daß Schmid in der Nähe von sogenannten Zwergenhöhlen
und anderen mit Zwergensagen verbundenen Orten - zumindest seiner Ansicht
nach und nach dem Urteil einzelner Archäologen - fast immer auf
Fundstücke aus der Alt- und Mittelsteinzeit stieß.
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Schmid weist auf zwei Schalen am
Kultplatz auf dem Hügel von Sion hin. Anschaulich erklärt
er die Verwendung der Steinzeit-Werkzeuge (darunter).
Linke S. o.: Gebärmutter bzw. Mutterschoß sollen herzförmige
Fruchtbarkeitsidole symbolisieren; unt.: steinzeitliche Kultidole
(li.) und Tiermutter mit jungen (re.), alle mit Resten einer Bemalung |
Wie Schmid erzählt, haben sich den Walliser
Sagen zufolge Gruppen des Zwergenvolkes in Höhlen auf den
Berghöhen zurückgezogen und den eingewanderten Bauern
der Mittel- und Jungsteinzeit die Täler überlassen. Eine
Zeitlang hätten die Zwerge noch deren Tiere auf den Almen
gehütet und andere Arbeiten verrichtet. Die Heinzelmännchen-Geschichten
des Wallis sollen darin ihren wahren Kern haben. Durch Isolation
und Inzucht jedoch seien die kleinwüchsigen Menschen der Altsteinzeit
körperlich immer mehr deformiert worden und schließlich
ausgestorben. So jedenfalls interpretiert Schmid eine Zwergengeschichte
des Wallis, nach der die letzten Zwergenfamilien nach hinten gewachsene
Füße gehabt haben sollen. Ähnlich erfolgreich wie
bei den Ausgrabungen auf den Spuren der Zwergensagen scheinen Schmids
Testgrabungen neben Schalensteinen zu sein. An über 15 verschiedenen
Schalensteinen konnte er Faustkeile und andere, von ihm der Altsteinzeit
zugeordnete Werkzeuge finden. Dort entdeckte er zudem Mahlsteine,
die genau in einige große Schalen passen. Eine Verwendung
als „Getreidemühle", wie sie auch in den schwedischen
Sagen um die „Elfensteine" und die darin befindlichen „Elfenmühlen" auftaucht,
liegt daher zumindest bei diesen größeren Schalen nahe.
Die kleineren Schalen aber, vor allem wenn sie sich in der Nähe
von Rutschbahnen befinden, sieht Schmid eng mit einem religiösen
Kult verbunden, in dem Fruchtbarkeit und Sonnenkult eine Rolle spielen
(s. a. Kasten S. 96). Idole, die von ihm neben den Schalensteinen gefunden
wurden, und einzelne Felszeichnungen mit menschlichen Figuren, die mit
erhobenen Händen die Sonne anzubeten scheinen, legen dies seiner
Meinung nach nahe. In jedem Fall aber „ordnen sich durch die zahlreichen
Steinwerkzeuge, die bei den Schalensteinen gefunden wurden, diese geheimnisvollen
Zeichen organisch in die prähistorische Steinkultur des Alpentales
ein", so der Hobbyarchäologe.
Zwerge als Bildhauer
Bereits zwischen 1962 und 1973 waren in Sion bei
Bauarbeiten über zwei Meter große antropomorphe Stelen
und Menhire aus der Jungsteinzeit und zahlreiche Dolmengräber
entdeckt worden. Ihre Verzierungen zeigen eine erstaunliche Kunstfertigkeit
der steinzeitlichen Bildhauer. Woher kamen diese Künstler,
und wo waren die Vorläufer für diese außergewöhnlichen
Megalithsteine, deren Ursprung die Archäologen auf die Zeit
zwischen 4000 und 2000 Jahre v. Chr. datieren? Von den Wohnstätten
und Werkzeugen, die zur Steinbearbeitung hätten dienen können,
haben die Archäologen nur relativ wenige Spuren gefunden.
Mit unkonventionellen Methoden wie Pendeln, „geistigen Kontakten" und
der Interpretation von Zwergensagen aber könnte Emil Schmid
zum Schließen dieser archäologischen Lücke beigetragen
haben. Einigkeit über seine Funde besteht in der Fachwelt
jedoch nicht, und vielfach werden seine Hobbyforschungen nicht
ernst genommen und erst gar nicht überprüft (s. nebenstehenden
Kasten zur Seen-Theorie). Sein „intuitives" Aufspüren
sowie sein Identifizieren von Steinzeitwerkzeugen zuerst durch
die Paßform bzw. das „Gefühl in der Hand" genügt
strengen wissenschaftlichen Maßstäben natürlich
nicht. So betrachten zum Beispiel die angesehenen Schweizer Archäologen
Prof. Alain Galle und Prof. H.-G. Bandi die meisten Funde Schmids
als „Launen der Natur" und bezeichnen die archäologischen
Hypothesen des Pfarrers Schlichtweg als „Unsinn". Lediglich
einzelne „Zufallsfunde", wie zum Beispiel eine Obsidianklinge,
erkannten sie unter den von Schmid bei dessen Besuch vorgelegten
Objekten als echte Werkzeuge aus der Steinzeit an.
Schmids Seen-Therapie
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Eine Bestätigung fand kürzlich
die „Seen-Theorie" von Pfarrer und Hobbyforscher
Emil Schmid. Durch typische Auswaschungsränder an mehreren,
weit voneinander entfernt liegenden Felsen und Berghängen
im Wallis war er auf die Hypothese gekommen, daß es vor
8 - 10 000 Jahren zwei große Seen im Walliser Rhonetal
gegeben haben muß. Während den Schweizer Archäologen
wie z.B. Prof. Alain Gally und Prof. H.-G. Bandi solch große
Seen während der Alt- und Mittelsteinzeit bisher unbekannt
sind und sie sich auf fehlende wissenschaftliche Daten aus
der Geologie berufen, konnte der Walliser Ingenieur Roger Delitroz
die Seen-Theorie Schmids im wesentlichen bestätigen. Mit
Hilfe eines Höhenmeßgerätes stellte Delitroz
fest, daß mit nur geringen Abweichungen diese Auswaschungen
an den Felsen, wie sie von Uferwellen stammen könnten,
auf ein und derselben Höhe liegen.
Nach Schmids Hypothese existierten in der Jungsteinzeit nur noch
Reste dieses Sees. So konnten die Archäologen bei ihren bisherigen
Ausgrabungen im Tal - wie, bei der Stadt Sion, der Hauptstadt des
Kantons Wallis, auch lediglich Kulturreste der Jung- und der jüngeren
Mittelsteinzeit finden. Artefakte aus der Mittel- und Altsteinzeit
wie in Schmids Sammlung aber seien nur oberhalb dieser Uferlinie,
an den Berghängen und auf den Hügeln im Tal zu entdecken.
Beispiele hierfür sind die Funde aus der Höhle am Wasserfall
von Turtmann, die „grotte aux nains" bei Brämis,
die beide an den Ufern des damaligen Sees lagen, und die Kultstätte
auf dem Hügel von Sion, welcher damals eine Insel gewesen sein
muß. |
Differenzierter sehen dies Archäologen, welche
die gesamte Sammlung von Schmid in Brig begutachtet haben. Nur
wenige Bearbeitungsspuren machen manchmal die Faustkeile und andere
Steine als Werkzeuge kenntlich, und mitunter werden diese Formen
erst als künstliche, von Menschenhand erzeugte Gegenstände
erkannt, wenn man mehrere Steine der gleichen Form und mit den
gleichen Bearbeitungsspuren und Abschlagkanten findet oder vor
Augen hat. Die geringe Bearbeitung aber ist ein typisches Merkmal
für die sogenannten Geröllgerätekulturen der Altsteinzeit
und noch für den Übergang zur Mittelsteinzeit etwa um
8000 v. Chr. So erkennen etwa der Kantonsarchäologe des Wallis,
Francois Wible, Silvester Nauli vom Rätischen Museum in Chur
(inzwischen verstorben) und die englische Professorin für
Archäologie und Anthropologie in Cambridge, Janice Stargardt,
mindestens die Hälfte der von Schmid ausgegrabenen Funde als
echte Werkzeuge und Kultidole aus der Steinzeit an und halten eine Überprüfung
der Fundstätten durch sorgfältige Ausgrabungen sowie
die Katalogisierung und Dokumentation der bisherigen Funde Schmids
für dringend erforderlich. All dies aber geschah bisher nicht.
„ Eine endgültige Entscheidung über die Echtheit der Funde fällt
auch deshalb so schwer", erläutert Kantonsarchäologe Wible, „weil
die Funde nicht bei systematischen Ausgrabungen gemacht wurden und damit auch
nicht in eventuellen Kulturschichten, die eindeutig zugeordnet werden können".
So hält es der Experte für wahrscheinlich, daß „sich sowohl
der Hobbyforscher Emil Schmid als auch die Archäologenzunft ein wenig irren" und
meint, „daß die Wahrheit irgendwo dazwischen liegen könnte".
Für die englische Archäologin und Anthropologin Stargardt,
die bei ihren regelmäßigen Ferienaufenthalten im Wallis die
Sammlung Schmids prüfte, steht dagegen fest, daß es sich bei
den umstrittenen Fundstücken tatsächlich um Kulturgegenstände
aus der Megalithzeit handelt. „Diese Steinkultur ist echt, sie
ist mesolithisch", zitiert Schmid die Archäologin in seinem
Buch „Steinkultur im Wallis" (Brig, 1986).
Auf
dieser Fels-„Rutschbahn" bei Sion sollen Steinzeitmenschen
zu kultischen Zwecken hinabgeglitten sein
Hat Schmid mit seinen unkonventionellen Methoden
nun tatsächlich eine bisher weitgehend unbekannte Steinzeitkultur
im Wallis entdeckt? Seine Funde stellte er jedenfalls vorsorglich
in einer Stiftung dem Oberwallis zur Verfügung. Zur Zeit lagern
die Objekte im Spital von Brig, wo Schmid als Altpfarrer noch seelsorgerisch
tätig ist. Gern zeigt er Interessierten die Funde, führt
sehr anschaulich die Funktionsweise der Steinwerkzeuge vor, und
schnell spürt man seine besondere Begeisterung für die
Archäologie.
Auch spirituell hat die Megalithkultur den Pfarrer immer wieder beschäftigt: „Die
kultische Verehrung der 'Großen Mutter' hat den Menschen damals
auch Geborgenheit und Schutz vermittelt", meint Schmid, und weiter,
daß „eine solche Geborgenheit vielen Menschen unserer Zeit
fehlt und die heutige Kirche dies oftmals nicht vermitteln kann - auch
durch die Marienverehrung nicht".
In seiner Annahme solch eines steinzeitlichen Fruchtbarkeitskultes stützt
er sich unter anderem auf Funde von zahlreichen herzförmigen Mutteridolen
bei der Höhle am Wasserfall von Turtmann. Für Schmid stellen
diese prähistorischen Idole die Gebärmutter bzw. den Mutterschoß dar
und betonen damit die große Rolle, die die Fruchtbarkeit und die „Große
Mutter" im Leben der Steinzeitmenschen gespielt habe. Ein wenig
von der Kraft dieses alten Kultes um Fruchtbarkeit und um die „Große
Mutter" aber könne man an den prähistorischen Stätten
und Kraftorten heute noch erahnen und nachempfinden. Auch wenn sich einige
seiner Funde tatsächlich als bloße „Launen der Natur" entpuppen
sollten, so wurden dank der hobbyarchäologischen Forschungen Schmids
unter „höherer Führung" und auf den Spuren der Zwerge
heute viele Wohn- und Kultstätten der Megalithkultur und einige „Kraftorte" des
Wallis wieder bekannt und können so vielleicht dauerhaft bewahrt
werden.
Bildquellen: ©Ulrich Arndt
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