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Erschienen in: esotera 8/1994
(Seite 22-28) |
Leben für die Mutter Erde
Janajpacha in Bolivien ist die erste Dorfgemeinschaft
der schamanisch-ökologische Bewegung „Pachamama Universal",
die allen offensteht. Zum ersten Mal besuchte der spirituelle Leiter
und Initiator der Bewegung, der Ketschua-Schamane Chamalu, Deutschland.
Wichtigstes Anliegen: der Schutz des Regenwaldes
Von Ulrich Arndt
Etwa 2700 Meter über dem Meeresspiegel, in einem Tal am Fuße
der bolivianischen Anden nahe der Stadt Cochabamba liegt „Janajpacha":
die erste von zunächst drei Siedlungen der schamanisch ökologischen
Bewegung „Pachamama Universal". Kleine runde Häuser gruppieren
sich um einen 1992 eröffneten „Intiwasi", das erste neue
Sonnenheiligtum 500 Jahre nach Zerstörung der Inka-Tempel. Nicht
die bekannten Steinbauten der Inkas aber dienten als Vorbild für
die ungewöhnlichen Wohnhäuser und den Sonnentempel, sondern
noch ältere kulturelle und schamanische Traditionen der andinischen
Indianer.
Die milde Witterung eines ständigen Frühlings herrscht in diesem
Tal. Acht Kilometer von einem heiligen Berg der Indios und sieben Kilometer
von Thermalquellen entfernt, wurde Janajpacha auf der Siedlungsfläche
einer prähistorischen Bergkultur, der Chipaya gegründet.
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Die Siedlung Janajpacha in den bolivianischen
Anden. Ganz o.: Feuerzeremonie vor dem Eingang zum Sonnentempel,
der dem Sonnentor vom Titicacasee nachempfunden ist. Unten:
die runden Wohnhäuser der Siedlung und (links im Bild)
der Sonnentempel |
Die meisten der Bewohner sind nur Besucher auf Zeit,
denn idyllische Rückzugsorte und abgeschlossene Aschrams für
westliche Alltagsfrustrierte sollen die ,Siedlungen der „Pachamama
Universal" nicht werden. Der spirituelle Führer und Initiator
dieser Bewegung, der Ketschua-Indianer Chamalú, sieht die
Bewegung in Zusammenhang mit der alten indianischen Prophezeiung,
daß „in den Anden ein Stamm erscheinen wird, der sich
aus Leuten aus allen Gegenden zusammensetzt. Dieser Stamm wird
die Rückkehr der Liebe, der Freude und der Unschuld verkörpern,
und das innere Wachstum der Menschen wird zum Fest."
Schamanismus als Basis für Ökologie
Die Inanspruchnahme solcher Prophezeiungen ist nicht
neu und auch die Öffnung indianischen Wissens für den
modernen Menschen geschieht zur Zeit nicht nur bei den andinischen
Indianerkulturen. Sie ist ein Ausdruck des neuen „Pachacuti",
des beginnenden neuen Zeitalters, wie Chamalú meint. Neu
scheint jedoch zu sein, daß mit Chamalú ein spezieller
schamanischer Lehrer von den Amauten, indianischen Weisen, ausgebildet
wurde, um als „Brücke zwischen der hermetisch esoterisch
schamanischen Tradition und dem modernen Abendland zu dienen".
So jedenfalls beschreibt Chamalú eine seiner spirituellen
Aufgaben. In Südamerika gilt er als „Munamata",
als „Wesen, welches die Weisheit der Liebe verkörpert".
Ketschua
Schamane Chamalú im Eingang des Intiwasi, des Sonnentempels
von Janajpacha
Erstaunlich ist in jedem Fall, mit welcher Kontinuität
die Bewegung „Pachamama Universal" seit 12 Jahren wächst
und eine Vielzahl von Aktivitäten entfaltet trotz ständigen
Geldmangels. So scheint auch das Ziel erreichbar, die Zahl der
Bewohner Janajpachas nach der jetzt abgeschlossenen zweijährigen
Gründungsphase von heute rund 30 auf die anvisierte Zahl von
1000 Menschen einschließlich der Gäste und Seminarteilnehmer
zu erhöhen. „Wir streben an, in allen alltäglichen
Dingen, von der Landwirtschaft und traditionellem Handwerk bis
zur Kleidung und der Elektrizität, Autarkie zu erreichen",
erklärt Chamalú . Wer zum Beispiel sein Wissen über
Solartechnik anwenden und weitergeben möchte, ist in Janajpacha
als Gast willkommen und kann im Austausch die Lehren des andinischen
Schamanismus kennenlernen. Solchen Gästen und allen interessierten
Besuchern wird in Seminaren, durch traditionelle indianische Tänze
und Musik und im täglichen Leben der Dorfgemeinschaft das
spirituelle Wissen der andinischen Indianer vermittelt. So sollen
die Besucher eine neue Beziehung zur „Pachamama", der „Mutter
Erde" finden. Von der Ernährungslehre bis zur praktischen
Arbeit mit den verschiedensten Symbolen reichen dabei die Wissensgebiete,
die in den vier „inneren Schulen" der Erde (Pachamama),
des Mondes (Killahuasi), des Sterns (Chaskahuasi) und der Sonne
(Tata Inti) gelehrt werden. In ihr normales alltägliches Leben
zurückgekehrt, sollen sich die Besucher stärker für
den Schutz und die Heilung der Erde und allen Lebens, nicht zuletzt auch
des Regenwaldes, einsetzen. So jedenfalls die Hoffnung und das Ziel der
Bewegung „Pachamama Universal". Schamanistische Lehren der
andinischen Indianerkulturen und die Vorstellung, daß die Erde
ein belebtes Wesen sei, könnten so zur spirituellen Basis für
eine praktische Ökologie werden, hofft Chamalú .
Im gesamten spanischen Sprachraum Südamerikas ist die schamanisch ökologische
Bewegung „Pachamama Universal" bereits bekannt. In Bolivien
war ihr geistiger Führer Chamalú aufgrund seiner Aktivitäten
für den Schutz des Regenwaldes zeitweise Verfolgungen ausgesetzt. Über
die schamanischen Lehren hat Chamalú bereits sieben Bücher
veröffentlicht, wovon eines in Argentinien auf Platz 8 der Bestsellerliste
notiert wurde. Durch seine dadurch gewonnene Bekanntheit konnte Chamalú jüngst
gemeinsam mit anderen indianischen Zeremonienmeistern und Schamanen über
12000 Menschen dazu bewegen, gemeinsam im Stadion von Buenos Aires an
einem achtstündigen Erdheilungsritual teilzunehmen.
Während „Pachamama Universal" auch in Spanien ein Zentrum
für Heilungen betreibt, sind die schamanisch ökologische Bewegung
und ihr geistiger Führer Chamalú im übrigen Europa noch
weitgehend unbekannt. Erst seit kurzem sind Chamalús Bücher
in französischer und englischer Sprache erhältlich; für
Ende 1994 ist eine Veröffentlichung der ersten beiden Bücher
in deutscher Sprache anvisiert. Im April hielt sich der Ketschua-Schamane
allerdings bereits für ein erstes Seminar in der Bundesrepublik
auf.
Erdheilungszeremonie in
Deutschland
Die Sonne und die Zweige eines Baumes spiegeln sich
in der Glaskugel in Chamalú s Händen. Durch den Rauch
der Räucherstäbchen und mit Hilfe seiner Vorstellungskraft
hat Chamalú die Kugel zuvor gereinigt. Sie ist nicht mehr
die einfache Glaskugel, sie ist zum Symbol für „Mutter
Erde", für „Pachamama", geworden. Die vier
Winde und Himmelsrichtungen werden angerufen, und mit bestimmten
Flötentönen für Osten, Süden, Westen und Norden
versucht Chamalú , die energetischen Tore dieser Dimension
für die Zeremonie zu öffnen. „Tata Inti", „Vater
Sonne", und „Bruder Baum" werden mit ihren Kräften
eingeladen, und Chamalú stellt sich als Kanal für
die kosmischen Energien zur Verfügung, als Verbindung zwischen
Himmel und Erde. Langsam führt er die Glaskugel an sein Herz
und versucht, heilende Energie in die Glaskugel Erde strömen
zu lassen. Fast zwei Stunden dauert die Erdheilungszeremonie, die
Chamalú gemeinsam mit drei Schamaninnen der Bewegung „Pachamama
Universal" zum Abschluß seines ersten Aufenthalts in
Deutschland vollzieht. Etwa fünfzig Menschen nehmen daran
teil, um die Wirksamkeit des Rituals durch gemeinsame Resonanz
zu verstärken. Viele sind bis von Köln, Düsseldorf,
Dortmund oder Frankfurt in das kleine Dorf Waldamorbach im Odenwald
gekommen, um in einem Seminar von Chamalú mehr über
die andinische Form des Schamanismus zu erfahren.
Schamanismus und Ökologie
vereinen sich für ein Leben in Einklang mit der Mutter Erde
Daß die Erde einer Heilung bedarf, davon sind
alle angesichts der allgemein bekannten ökologischen Probleme überzeugt.
Acht Stunden dauern die entsprechenden Zeremonien, wenn sie komplett
ausgeführt werden, erklärt Chamalú . Mehrmals
im Jahr werden in Janajpacha zudem mehrtägige Erdheilungen
zelebriert, die „Jampina Pachamamata" (1994 noch von
20. bis 24. September und 20. bis 23. Dezember). Während des
ersten internationalen Welttreffens „Der Geist der Erde" von
Heilern, Schamanen und Ureinwohnern, das von 2. bis 11. August
1995 in Janajpacha stattfinden wird, sollen sogar 40 Heilzeremonien
für die Erde vollzogen werden.
Eine Erdheilungszeremonie
mit Tänzen, mit Flötenklängen und symbolhaft
magischen Imaginationen von Chamalú und Mitgliedern
der schamanisch ökologisches Bewegung „Pachamama
Universal" während ihres ersten Aufenthalt in Deutschland |
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Für seine Erdheilung in Deutschland hat Chamalú eine
kürzere Zeremonie zusammengestellt, um die Geduld und Konzentration
der Anwesenden nicht zu überfordern, erklärt er. Trank-
und Speiseopfer werden der Erde dargebracht, und jeder Teilnehmer
gibt eine Handvoll Erdreich in eine Schale, der er zuvor seine
persönlichen Heilungswünsche für „Mutter Erde" anvertraut
hat. Diese Erde wird, stellvertretend für den gesamten Planeten,
im Laufe der Zeremonie auf geistigem Wege gereinigt und mit neuer
Lebenskraft aufgefüllt. Auf diese Weise werde quasi eine homöopathische
Essenz hergestellt. An bestimmten Orten wieder vergraben, könne
man sich deren Wirkung ähnlich der einer Akupunkturnadel vorstellen,
erläutert Chamalú das Wirkungsprinzip der heilenden
Zeremonie. Viele solcher „Energienadeln" auf der ganzen
Welt seien nötig, und alte müßten erneuert werden.
Nicht immer aber sei die Erdheilungszeremonie erfolgreich, nicht
immer werde sie angenommen. Mit Freude hören deshalb die Teilnehmer
am Schluß des Rituals, daß dieses Mal ihre Unterstützung
erfolgreich war.
Die Wächter des Regenwaldes
Die energetische Arbeit zur Heilung der Erde allein
aber reiche nicht aus, betont Chamalú immer wieder. Ein
neues energetisches Klima müsse sich auch materialisieren,
müsse zu Konsequenzen im Handeln der Menschen führen.
Dazu will die schamanisch ökologische Bewegung auch ganz konkret
beitragen: Eine zweite Siedlung der „Pachamama Universal" etwa
70 Kilometer von der ersten entfernt im Regenwald Boliviens gelegen
wird Ende 1994 westlichen Besuchern geöffnet. Mehrere tausend
Hektar Land mit zahlreichen Urwaldriesen wurden bereits gekauft.
Darunter befindet sich ein 4800 Hektar großes, von zwei größeren
Flußarmen umschlossenes unberührtes Stück Regenwald,
in dem sogar noch der den Indianern heilige Jaguar zu Hause ist.
Vor allem um Unterstützung für den Schutz des Regenwaldes bat
der Ketschua-Schamane Chamalú während seines ersten Aufenthalts
im April in Deutschland. In Briefaktionen an die bolivianische Regierung
sollen möglichst viele Menschen den strengeren und umfassenderen
Schutz des Regenwaldes anmahnen. Schamanisch interessierte Menschen werden
in der neuen Siedlung der „Pachamama Universal" zudem Gelegenheit
haben, als „Wächter des Regenwaldes" mehr über diesen
und gleichzeitig über die andinische Form des Schamanismus zu erfahren übrigens
ohne Seminargebühren zahlen zu müssen. Statt dessen gilt es,
in praktischer Arbeit Urwaldriesen zu kennzeichnen und allein schon durch
die Präsenz von Europäern den Schutz des Waldes zu fördern.
Denn immer noch schrecken einige Privatleute und Unternehmen der Holzindustrie
nicht vor Überfällen und sogar Morden an Indios zurück,
die sich für den Schutz des Regenwaldes einsetzen. Durch weitere
Ankäufe von Regenwaldflächen auch im Amazonasgebiet möchte „Pachamama
Universal" den dortigen Lebensraum und somit auch das Überleben
vom Aussterben bedrohter Indianervölker sichern. Auf diese Weise
können auch am besten deren Wissen und Weisheit bewahrt werden,
betont Chamalú .
Heiler und Schamanen in
Kontakt bringen
Ein weiteres soziales Projekt der Bewegung „Pachamama
Universal" ist die Hilfe für eine Gruppe von 60 - 70
Straßenkindern,
Waisen und Verlassenen in Cochabamba und Potosi in Form von Essensausgabe,
der Unterbringung in Tipis und einer Art Abendschule. Außerdem
werden Kranke, soweit es die anderen Aktivitäten der Gemeinschaft
zulassen, kostenlos und nach ganzheitlichen Gesichtspunkten behandelt.
Ende 1994 wird dazu das ganzheitliche Heilzentrum von Janajpacha
wiedereröffnet. Hier werden dann nicht mehr vorwiegend nur
Chamalú selbst und die Mitglieder der „Pachamama Universal" wirken,
sondern es wird den verschiedensten Heilern offenstehen. So möchte „Pachamama
Universal" zur Verbindung vieler spirituell wirkender Menschen
auf der ganzen Erde beitragen.
In weiteren gemeinsamen Aktionen, Seminaren und internationalen Veranstaltungen,
wie etwa einem „Welttreffen der Schamanen" vom 2. bis 11.
August 1994 oder regelmäßigen „Jamina Pachamamata" mehrtägigen
Zeremonien zur Heilung der Erde in Janajpacha können Schamanen,
Heiler und weise Frauen ihre Erfahrungen und ihr Wissen austauschen.
Ein Höhepunkt der verschiedenen Erdheilungen wird im Jahre 1996
eine „Große Reise des heiligen Feuers" von Bolivien
aus um den gesamten Erdball sein. Im Laufe eines Jahres wird dann das
Feuer von Gruppen, die sich lange auf diese Aufgabe vorbereitet haben,
in vielen Etappen über die Kontinente getragen. Eines der Ziele
dieser Weltaktion wird sein, alte Pilgerpfade und heilige Orte, auch
in Deutschland, zu reinigen und energetisch wiederzubeleben.
Spirituelle Brücken sollen entstehen
Zeit
für Tänze und Gesang, eine gesunde Ernährung
und ein spirituell ökologisches Bewußtsein sind
nach Chamalús Überzeugung nötig, um ein
neues energetisches Klima auf der Erde herbeizuführen.
Im Interview geht der bolivianische Indianer auf die Besonderheiten
des andinischen Schamanismus und die spirituellen Ziele
der Bewegung „Pachamama Universal" ein
esotera: Eine Form
des „Schamanismus für den modernen Menschen" will
die Bewegung „Pachamama Universal" bieten. Besteht
diese Modernität schon darin, für den gestreßten
Europäer „Quickie-Versionen" wie bei der
stark verkürzten Erdheilungszeremonie anzubieten?
Geht dabei nicht etwas verloren?
Chamalú :
Wir haben in Europa viele Erfindungen gesehen, die
den Menschen das Leben erleichtern und Zeit sparen
sollen. Dennoch ist keine Zeit mehr zum Singen, zum
Tanzen oder um den Sonnenaufgang zu feiern. Die Menschen
hier müssen zuerst den Kontakt mit Mutter Erde,
mit Bäumen und den Tieren wiederfinden. Die
Einfachheit ist für diese grundlegende Spiritualität
ein guter Weg. Womit man sich verbunden fühlt,
das wird man auch erhalten. Es gibt spirituelle Menschen,
die nicht auf ihren Körper aufpassen. Ebenso
wichtig wie das Denken aber ist das, was man ißt.
Wir verbinden daher das spirituelle mit der Ökologie,
das persönliche Wachsen und Erwachen in Freude
und Liebe mit der Demut gegenüber dem, was uns
dies erst möglich macht nämlich unsere
Mutter Erde und Vater Sonne, Pachamama und Tata Inti.
esotera: Bedeutet
das für den heutigen Europäer, sich gegen
den technischen Fortschritt zu stellen und aus seinem
bisherigen Alltag auszusteigen?
Chamalú :
Wenn Fortschritt bedeutet, unserer Mutter Erde Wunden
zuzufügen, in einem chemischen Abfallhäufen
zu leben und daß sich Menschen in eine lächerliche
Maschine verwandeln, dann sind wir in der Tat gegen
diesen Fortschritt. Denn wir sind für das Leben.
Wir Ureinwohner haben keine andere Spezialität,
als das Leben zu genießen. Warum sollte man
in einer schönen Welt wie unserer Erde nicht
glücklich sein? Das einzige, was der moderne
Mensch verlieren kann, ist seine Dummheit.
Wir sind aber nicht technikfeindlich. Kluge Erfindungen wie die
Solartechnik möchten wir gerne in unseren Siedlungen nutzen
und suchen hierfür auch bei euch Menschen, die uns deren Anwendung
lehren möchten. Für unsere neue Siedlung im Regenwald
ist zum Beispiel auch ein Funkgerät sehr notwendig. Die Gewichtung
dieser Dinge aber stimmt bei euch oft nicht mehr, das Gegengewicht
und die spirituelle Basis fehlen vielen modernen Menschen. Nicht
das Aussteigen aus dem normalen Alltag aber ist der Weg, sondern
das bisherige Leben sollte mit neuer Spiritualität gefüllt
und verändert werden.
esotera: Haben
Sie einige konkrete praktische Tips, wie die Menschen
der Industriestaaten eine stärkere Beziehung
zur Natur gewinnen können?
Chamalú :
Du kannst zum Beispiel ohne Eile und mit offener
Wahrnehmung durch den Wald gehen. Wenn dich ein Baum „ruft",
anzieht, dann gehe zu ihm, umarme ihn und meditiere
bei ihm. Bäume können Türen zu anderen
Dimensionen sein, sie können dich lehren. Laß deine
schlechten Gedanken und Gefühle los, indem du
sie der Erde zur Transformation übergibst. Dazu
legst du die Hände auf die Erde. Verbinde dich
bewußt mit Mutter Erde. Begegne auf diese Weise
einmal pro Woche einem Baum.
Eine einfache Methode, sich „aufzutanken" ist, aus einem
möglichst sauberen, munter dahinfließenden Flußbett
einen Kieselstein mitzunehmen. Dieser ist ähnlich wie eine
Batterie aufgeladen. Lege ihn auf den Solarplexus und laß die
Energien in dich hineinströmen.
Eine sehr kraftvolle Methode nutzt zum Energetisieren die Kraft
von Sonne und Pyramide. Mit den Händen formst du dafür
ein Dreieck als Zeichen für den heiligen Berg und die Pyramide.
Dabei bilden die beiden Daumen die Basis und die Zeigefinger die
Schenkel des Dreiecks. Du konzentrierst dich auf die Mitte dieses
Dreiecks und hältst es dabei am Morgen und Abend vor die Sonne
und legst anschließend die als Dreieck geformten Hände
auf den Erdboden. So verbindest du dich mit Tata Inti und Pachamama
(Vater Sonne und Mutter Erde) und erschließt ihre Energien.
esotera: Welche
Rolle spielt die Ernährung, und wie sollte eine
für Körper und Geist gesunde Nahrung zusammengestellt
sein?
Chamalú :
Die Ernährung spielt natürlich eine sehr
große Rolle. Wir geben keine Vorschriften,
doch wir selbst ernähren uns vegetarisch. Der
Anbau sollte im Einklang mit der Erde geschehen,
und statt Dosenkost sollten die Nahrungsmittel möglichst
frisch sein. Eine für Körper und Geist
ausgewogene Nahrung nimmt man zu sich, wenn die verschiedenen
Farben und alle Teile von Pflanzen darin vertreten
sind. Dabei stehen die Wurzeln für das Element
Erde, der Stengel für das Wasser, die Blätter
für das Element Luft, die Blüten für
das Feuer und die Früchte und Samen für
den Äther.
Wir Ureinwohner genießen
das Leben. Warum sollte man in einer schönen Welt
wie unserer Erde nicht glücklich sein? Das einzige,
was der moderne Mensch verlieren kann, ist seine Dummheit
esotera: Die Erdheilung
ist ein wichtiges Anliegen der „Pachamama Universal".
Was kann hier in Deutschland und in Europa auf spirituelle
Weise dafür getan werden?
Chamalú :
Neben einem größeren ökologischen Bewußtsein
und der gesünderen, naturnäheren Ernährung
ist es auch in Europa wichtig, die heiligen Wege und
Plätze zu erwecken. Wir sind in Südamerika
dabei, das heilige Kreuz von Tunupa wiederherzustellen,
damit sich die Anden mit dem Amazonas energetisch verbinden.
Es entsteht ein energetischer Pfad zwischen dem Osten
und Westen, der sich mit dem Zentrum vereint, von wo
aus er sich nach Norden und Süden richtet. Dieses
Kreuz war im vorigen Pachacuti (Zeitalter) aus Stein,
weil Stein die Energie symbolisierte. Im Neuen Zeitalter
wird es unsichtbar sein.
Der amerikanische Kontinent erfährt zur Zeit eine energetische
Aufladung. Energien verschieben sich vom Himalaya in die Anden,
die dadurch quasi zur energetischen Wirbelsäule der Erde werden.
Eine unserer Aufgaben ist es, dieses neue energetische Klima mit
vorzubereiten. Ganz nahe dem neuen planetarischen Zentrum des spirituellen
Zusammenflusses liegt unsere Siedlung Janajpacha. Hier werden wir
neben den runden Sonnentempeln im Dorf und auf dem heiligen Berg
bald auch eine Pyramide für die weiblichen Energien, einen
Lunatempel, errichten.
Jeder Mensch kann in seiner Heimat etwas dafür tun, den Fluß der
Energien unserer Pachamama zu unterstützen. Es ist an der
Zeit, die Pilgerreisen zu den heiligen Orten wieder aufzunehmen
und durch diese zeremonielle Arbeit die Energien der Erde zu wecken.
esotera: Ist
dafür schamanisches Wissen und speziell das des
andinisch amautischen Schamanismus wichtig?
Chamalú :
Es ist hilfreich, doch nicht unbedingt nötig.
Wir laden alle dazu ein, gemeinsam spirituell zu wachsen.
Dennoch ist der amautische Schamanismus nicht der einzige
Weg, und unser Vorschlag ist kein Allheilmittel, da
es keine Allheilmittel gibt. Es geht darum, im geheiligten
Kanu in der Mitte des Flusses zu navigieren und sich
mit den Rudern der Liebe und des Humors in Bewegung
zu setzen. Niemals zuvor gab es so viel Gelegenheit,
Zugang zur Jahrtausendfeier und zu dem bis vor kurzem
noch geheimen heiligen Wissen der Anden zu haben. Niemals
zuvor haben sich die Türen der Vorfahren mit so
großer Intensität geöffnet, doch wird
der moderne Mensch diese Lehren verstehen? Wichtig
ist, sich zu reinigen und mit Ehrfurcht zu handeln,
sich barfüßig und voller Liebe den heiligen
Orten zu nähern.
esotera: Wie
Sie selbst im Seminar berichteten, wurden Sie von den
alten indianischen Weisen, den Amauten, ausgebildet,
um als Brücke zwischen den modernen Menschen und
der andinisch schamanischen Tradition zu dienen. Was
ist nun das Typische und Besondere der andinischen
Form des Schamanismus, wie Sie ihn in der Bewegung „Pachamama
Universal" vorstellen?
Chamalú :
Der Schamanismus ist eine naturnahe Urspiritualität.
Auf der ganzen Welt schöpft er aus gleichen Quellen.
Der amautische Schamanismus unserer andinischen Tradition
und speziell unsere Bewegung „Pachamama Universal" zeigt
die enge Verbindung von spiritueller Entwicklung und
Heilung der Erde, unserer Pachamama. Das Wachsen und
Erwachen des Menschen, sein Leben in Freude, Liebe
und mit viel Humor muß in ihr verwurzelt sein.
Nicht wenige Menschen, auch einige unserer indianischen
Brüder, lehren Techniken der Bewußtseinserweiterung,
stellen Diplome aus und vergessen dabei den tieferen
spirituellen Sinn. So kann zum Beispiel der Gebrauch
heiliger Pflanzen mit halluzinogener Wirkung zum Selbstzweck
werden, denn nicht das Überschreiten der Grenzen
des Alltagsbewußtseins an sich ist das tiefere
Ziel solcher Techniken. Auch in der Inka Vergangenheit
sind aus den Schamanen etliche Priester erwachsen,
die sich von den Wurzeln und vom heiligen Wissen entfernt
und keine Energien mehr bewegt haben.
Auch der amautische Schamanismus
ist kein Allheilmittel. Es geht darum, im geheiligten Kanu
in der Mitte des Flusses zu navigieren und sich mit den
Rudern der Liebe und des Humors in Bewegung zu setzen
esotera: Sie sind
Initiator und geistiger Führer von „Pachamama
Universal". Kann es nicht hinderlich und sogar zu
einseitig sein, wenn eine spirituelle Bewegung auf einen
Menschen und seine Visionen zugeschnitten ist?
Chamalú :
Ich bin eine Tür, die zu einem Weg führt.
Bleib nicht dabei stehen, die Tür anzuschauen!
Wir haben die Leute zusammengerufen, um Freunde von
Pachamama, von Mutter Erde, zu sein, nicht von Chamalú .
Meine Visionen haben einen Weg gezeigt, zum Teil haben sie sich
bereits erfüllt. Ich habe Fragen gebracht und keine Antworten.
Ich erinnere euch daran, dem Aufruf eures inneren Schamanen zu
folgen. Denn die wichtigsten Dinge sieht der Mensch nicht mit den
Augen, und unsere inneren Führer durchqueren andere Wirklichkeiten
als diese.
Zum männlichen Prinzip gehört das weibliche notwendig
dazu. Daher haben auch die Frauen in der Bewegung „Pachamama
Universal" eine wichtige Funktion. Jeder hat seinen Platz
auszufüllen, im alltäglichen Leben und in den schamanischen
Zeremonien. So hat die Frau zum Beispiel die Aufgabe, das heilige
Feuer zu entzünden und um den Planeten zu tragen als heilige
Kriegerin.
esotera: Einige
Ihrer Bücher sollen demnächst auch in deutscher
Sprache erscheinen. Welches empfehlen Sie zum Einstieg
in den andinischen Schamanismus?
Chamalú :
Jeder wird sich von dem angezogen fühlen, das
für ihn richtig ist. Es gibt einen Moment, da
stellen Bücher einen wertvollen Impuls dar.
Es ist jedoch wichtig, die Bücher immer wieder
zu schließen und aus offenem Herzen heraus
zu tanzen, damit die Liebe fließt, und aus
dem Leben das wundervollste Abenteuer zu machen.
Die Lehren müssen in das alltägliche Leben
integriert werden. Wer den schamanischen Weg gehen
möchte, kann ihn auch in Janajpacha oder in
unserer neuen Siedlung im Regenwald beginnen und
dort einige Tage lang leben und lernen.
Kontaktadresse: „Pachamama Universal",
Casilla 318, Correo Central, Chochabamba, Bolivien, Tel./
Fax: (42) 61234.
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Bildquellen: ©Chamalu, ©Ulrich Arndt |